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Keine Minute kommt Langeweile auf

© Mannheimer Morgen

Koch habe er gar nicht werden wollen, bekennt Vincent Klink, als eben solcher wohlbekannt durch ein von ihm geführtes Stuttgarter Gourmet-Restaurant und vor allem zahlreiche Auftritte im Fernsehen. Nach der Schule, so der 68-Jährige, sei er in seiner Heimatstadt Schwäbisch Gmünd erst mal als Volontär einem Bildhauer zur Hand gegangen.
Der wiederum habe in Paris Pablo Picasso kennengelernt und sei von diesem Anfang der 1950er Jahre im Schwäbischen besucht worden – ein schneller Abstecher von Stuttgart aus, wohin Autonarr Picasso damals einen amerikanischen Freund und Kunstmäzen zur Inspektion von dessen Mercedes-Sportwagen, „der mit den Flügeltüren“, begleitet habe.
Eine andere Pariser Bekanntschaft des Bildhauers, von dem dieser dem jungen Vincent Klink erzählte, war ein Künstler russischer Herkunft, der aber nur wenig Erfolg hatte. Jahrzehnte danach will Klink, inzwischen selbst regelmäßiger begeisterter Paris-Besucher, das Grab des Russen auf dem Friedhof Montparnasse besichtigen. Kommt aber nicht dazu, weil es halb zwölf Uhr mittags ist: die Tageszeit, zu der sich gebieterisch des Feinschmeckers Magen meldet. Dank Smartphone-App ist ein passendes Bistro in der Nähe rasch gefunden, es bietet Spezialitäten aus dem Südwesten Frankreichs. Nach einem opulenten Mahl nebst reichlichem Weingenuss schafft es der rundum köstlich Bediente gerade noch per Taxi ins Hotel. Der Verdauungsschlaf dauert bis zum nächsten Morgen.

Viele Blicke über den Tellerrand. 
Auf so verschlungenen Wegen plaudert Vincent Klink aus seinem Leben, und keine Minute kommt Langeweile auf. Er redet überwiegend frei, erst die Episode im Bistro ist eine Lesung aus seinem Bestseller-Buch „Ein Bauch spaziert durch Paris“, Grundlage des Vortragsabends in der Mannheimer Lanz-Villa. Wobei er sich auf Kulinarisches keineswegs beschränkt: Klink verfügt über weit gespanntes historisches Wissen und einen geschärften Blick für aktuelle Missstände, er spart nicht mit Kritik an den erbärmlichen Lebensbedingungen afrikanischer Immigranten oder der im Nachbarland nur sehr oberflächlichen Aufarbeitung der NS-Kollaboration Vichy-Frankreichs während des 2. Weltkriegs.
Aufgelockert wird sein Vortrag immer wieder durch Musik. Denn Klink hat in vergleichsweise hohem Alter noch Trompete spielen gelernt. In Mannheim bläst er das selten gehörte Bassflügelhorn, meistert darauf selbst vertrackte Bebop-Melodien und wagt sich auch mit beachtlichem Erfolg ans Improvisieren. In Pianist Patrick Bebelaar hat er einen verlässlichen, auf ihn eingespielten Duo-Partner, der in seinen eigenen Soli mit Vehemenz zur Sache geht.
Ein höchst vergnüglicher Abend im Rahmen von Lions-Jazz 2017. Veranstaltet von den fünf in Mannheim bestehenden Clubs der bürgerschaftlichen Organisation, soll dieses Jazzfestival künftig alle zwei Jahre in Mannheim. (swm)
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